Die Fotografin Lory Finning erwartet eine besondere Herausforderung: Ihre mysteriöse Auftraggeberin Mona Blackwood engagiert sie für einen Bildband über Neufundland. Begeistert reist Lory mitten im tiefsten Winter in ein kleines, abgelegenes Fischerdorf an der neufundländischen Küste. Hier, im einsamen Stormy Cove, empfangen die verschlossenen Einwohner sie mit offener Feinseligkeit…
Bernadette Calonegos „Die Bucht des Schweigens“ – Inhalt
Schon bald muss Lory feststellen, dass die Menschen in Stormy Cove nicht nur unzugänglich und misstrauisch sind, sondern sich vor der neugierigen Fotografin aus unerklärlichen Gründen abschotten. Auch der einsame Küstenfischer Noah Whalen, zu dem sich Lory sofort hingezogen fühlt, scheint etwas vor ihr zu verbergen. Als ein Polizist sie kurz nach ihrer Ankunft vor herumwandernden Eisbären warnt, ist sich Lory sicher: Der zögerliche junge Mann wollte sie in Wahrheit vor weit größeren Gefahren beschützen.
Der attraktive Noah öffnet sich bald mehr und mehr der exotischen Fremden aus der Großstadt und nimmt sie auf Ausflüge in die tückische kanadische Wildnis mit. Gerade als Lory zu ihm Vertrauen fasst, beginnen merkwürdige Dinge in Stormy Cove zu geschehen. Sie erfährt von einem uralten Indianergrab, in dem vor zwanzig Jahren die junge Jacinta Parsons mit Grabbeigaben bestattet worden ist. Und plötzlich begreift sie:
Der Mörder läuft noch immer frei unter den Bewohnern von Stormy Cove herum und wird von der verschworenen Dorfgemeinschaft seit Jahren gedeckt. Als eine junge Journalistin auf der gefürchteten Dämoneninsel vermisst wird, fällt der Verdacht auf Noah. Sogar Lory beginnt, sich vor dem geheimnisvollen Mann an ihrer Seite zu fürchten, als sich die Ereignisse plötzlich überstürzen.
Warum „Die Bucht des Schweigens“ so geil ist
Der Neufundlandkrimi von Bernadette Calonego zieht die Leser mit einer besonders bildhaften Sprache in den Bann und schafft es meisterlich, diesen die raue und schroffe Natur Neufundlands anschaulich näherzubringen. Die kurzen und ausdrucksstarken Sätze der Autorin passen wunderbar zur Beschreibung der kargen Landschaft, was sich harmonisch durch den ganzen Roman zieht.
Der Prolog zu Beginn ist, im Gegensatz zum Rest der Erzählung, in der Gegenwart geschrieben und macht die Leser neugierig auf mehr. Aus verschiedenen Perspektiven schildert die Autorin die Ereignisse und enthüllt damit an jeder Figur Eigenschaften, die sich die Leser nicht von ihnen erwartet hätten. Nach und nach spannt Calonego die einzelnen Fäden zu einem außergewöhnlichen Krimi, in dem auch Lorys eigenes Drama aufgearbeitet wird. Immer wieder lockt sie die Leser auf falsche Fährten, die plötzlich im Nichts enden, und webt unerwartete Ereignisse ein, die den Plot auf überzeugende Weise in eine andere Richtung lenken als gedacht.
Über die Auflösung des Rätsels kann bis zum Schluss nur spekuliert werden. Der Roman punktet mit einer unvorhersehbaren Wende kurz vor dem Ende, welche die Spannung auf den letzten Seiten noch steigert.
Was hätte Bernadette Calonego anders machen können?
Der Krimi steckt bis zum Schluss voller Rückblenden, die den Lesefluss leider stören. Es sind meist eingefügte Aussagen oder Interviews mit den Dorfbewohnern in der Gegenwart, die sich an die Ereignisse erinnern und nicht unbedingt zur Handlung beitragen. Die Autorin verwirrt ihre Leser teils auch mit auf verschiedenen Zeitebenen stattfindenden Ereignissen und springt von einem Ort zum anderen, um Lorys Vergangenheit aufzuarbeiten.
All diese Elemente sind zwar harmonisch in das Ganze eingefügt, stören die Leser aber bestenfalls oder verleiten sie ansonsten dazu, das Buch wegzulegen. Das Personenregister am Anfang ist zwar als kleine Orientierungshilfe gedacht, hätte von der Autorin aber getrost weggelassen werden können.
Bibliografische Angaben
„Die Bucht des Schweigens“
Bernadette Calonego
Edition M (Taschenbuch)
2015
ISBN 978-1-503-94776-4
9,99 Euro
490 Seiten
PS: Frau Calonego hat uns auf ihrer Seite verlinkt, juchhé! Hier geht’s zum Link: